Barfüßer Open Air 2025: Dota
Die Berliner Band DOTA um die Musikerin Dota Kehr hat ein neues Album veröffentlicht.
Aus feinsinnigen und vielschichten Texten stricken sie eingängige Popsongs, in denen Platz
ist für sanfte Poesie, Politisches und Partystimmung, für Melancholisches und Albernes – mit
so mühelosen Übergängen dazwischen, dass die Tragweite mancher Gedanken erst beim
zweiten oder dritten Hören einsickert.
DOTA ist in dieser Bandbesetzung seit 2017 unterwegs und längst über den Status als
Geheimtipp hinausgewachsen: Die letzten drei Alben waren in den Top 20, das 2020
veröffentlichte „Kaléko“ acht Wochen in den Charts, dazu Auszeichnungen wie der Fred Jay-
Preis im Gepäck und zahlreiche ausverkaufte Touren im ganzen deutschsprachigen Raum. Mit
dem neuen Werk konnten sie sogar noch eins drauflegen und mit Platz 7 erstmals in die
TopTen einsteigen. Ein Erfolg, der umso mehr erfreut, weil er vollkommen in Eigenregie und
ohne Majorlabel im Rücken gefeiert werden kann.
Politisch engagiert, begnügt sich Dota nicht damit, die „richtige“ Meinung zu haben und
Parolen für die eh schon Gleichgesinnten zu liefern. Stattdessen konfrontiert sie sich auf „Wir
rufen Dich, Galaktika“ mit ihrer eigenen Ratlosigkeit. Keine Antworten, dafür Lieder, in
denen man sich zumindest für die Dauer eines Refrains der Utopie hingeben kann. Wie in
„Als ob“, oder wenn sie im Titelstück „Wir rufen dich, Galaktika“ die lila Weltraum-Fee aus
der Fernsehserie „Hallo Spencer“ um die Lösung der Probleme auf der Erde bittet – weil wir
es alleine vergurkt haben. Damit entlarvt sie sich immer wieder, nimmt den eigenen
Standpunkt analytisch auf die Schippe und sich selbst nicht zu ernst.
Die Liebeslieder des Albums berühren durch eine besondere, manchmal zärtliche Ehrlichkeit:
Der Wunsch nach Nähe einer unerreichbaren Person („Besser als nichts“), die bescheidene
Bitte um Verzeihung („Ich halte zu dir“), eine intensive Begegnung mit unklarer Zukunft
(„Funken schlagen“) und ein plötzliches Ende („Einfach so verloren“). All das besingt Dota in
klaren, frischen Worten. Jede Strophe öffnet neue Blickwinkel. Das Album endet mit zwei
offen und assoziativ getexteten Stücken („Bleiben“ und „In allem Gedankenlosen“), die der
Band viel Raum lassen für weite und vielfarbig schillernde Klangwelten.
Dota schreibt Lieder, die tatsächlich gebraucht werden. Lieder, die den Blick auf die Welt
nachhaltig verändern und öffnen - in kleinen, alltäglichen Details und im großen Ganzen. Ein
Brombeerbusch am Wegesrand wird die idyllische Unbeschwertheit von „Sommer für
Sommer“ wachrufen, jeder Schwimmbadbesuch die Zeilen aus dem Lied „Bademeister“. In
einer sich ewig im Kreis drehenden Diskussion über die Weltlage wird man in Gedanken die
lila Fee „Galaktika“ zur Hilfe rufen wollen. Und wer sich das nächste Mal dabei erwischt, im
Social-Media-Feed einem personalisierten Werbelink zu folgen, wird vielleicht an die Zeilen
denken: „Und weil der Algorithmus sagt, dass ich es mögen muss. Und wenn es mir dann
tatsächlich gefällt. Ich hasse es.“
In der Musik lassen sich die individuellen Charaktere der Mitmusiker immer heraushören,
während sie die Songs unterstützen und liebevoll dekorieren. Janis Görlichs lebendige
Mischung aus lässig trockenem, rauchigem Schlagzeugsound und elektronischen Samples,
Jan Rohrbachs unverkennbare Gitarrenlinien, die ihre eigenen kleinen Geschichten erzählen,
Patrick Reisings farbenfroh und nuancenreich sound-designte Analog-Synthesizer und
Keyboards, Alex Binders verspielt melodischer Bass und Dota Kehrs abgedämpfter Gitarren-
Stil und ihre einmalig natürliche Stimme, bei der man ganz von selbst auf jedes Wort lauscht -
eine Stimme, die sogar dann noch Vertrauen und Zuversicht einflößt, wenn sie gesteht, selbst
nicht weiter zu wissen. Jammern können andere. Wenn Dota die Dinge über den Kopf
wachsen, resümiert sie eben auch mal: „Ich lern jetzt was Vernünftiges: Ich lern
Photosynthese.“
In all dem steckt das offene Eingeständnis, dass sie natürlich auch keine Lösungen anbieten
kann. Dafür aber kleine Oasen, Schlupfwinkel im System. Und einen Blick, mit dem sie in
diesem „seltsamen Nebeneinander von Krieg und Abendbrot“ („Bleiben“) Momente findet,
die mehr sind als Routine und Funktionieren. Momente, die vielleicht alltäglich scheinen – bis
Dota ihren Zauber in einem Lied enthüllt hat. „Jeder braucht seinen Dumbledore“ singt sie –
und einmal mehr ist sie das für ihre Zuhörer selbst. In ihrem Fall natürlich: eine Dumbledorin.
Für all diejenigen, die sich seit Jahren in ihren Texten wiederfinden, auf ihren Konzerten
lauthals mitsingen und von ihrer klugen Melancholie trösten lassen können. Und für alle,
denen ihre Lieder neu zu entdecken noch bevorsteht.
Quelle:
Erfurt Tourismus und Marketing GmbH
Organisation:
Erfurt Tourismus und Marketing GmbH
Zuletzt geändert am 03.04.2025
ID: e_101026181