Altes Rathaus
So großartig ohne Zweifel auch das Panorama des die Stadt überragenden Kaiserdomes sein mag – das bei Bamberg-Besuchern wahrscheinlich beliebteste Fotomotiv liegt zu Füßen der Kathedrale, mitten in der Regnitz: das Alte Rathaus der Stadt.
Ebenso pittoresk wie auch einzigartig erhebt sich der imposante Bau aus dem Fluss, mit der Inselstadt und dem Sandgebiet lediglich durch die Obere und die Untere Brücke verbunden. Die malerische Lage war beim Bau des Rathauses indes wohl kaum ausschlaggebend für die mehr als ungewöhnliche Ortswahl. Vielmehr resultierte der Standort aus einem über Jahrhunderte schwelenden Konflikt zwischen den Bürgern der Stadt einerseits und dem Bischof andererseits. Zunächst unterhalb des Domberges im sogenannten Sandgebiet gelegen, expandierte die von Handwerkern, Fischern, Müllern und Kaufleuten geprägte bürgerliche Stadt im 12. Jahrhundert bis auf die Insel, die nach und nach den Sand als Zentrum des weltlichen Bamberg ablöste.
Mit der wachsenden Bedeutung der sich auf der Insel entwickelnden, teilweise auch befestigten Marktsiedlung stieg natürlich auch der Wunsch der hier lebenden Bürger nach einem angemessenen Verwaltungszentrum. Dem stand jedoch der Bischof als oberster Stadtherr entgegen, der um die Einheit Bambergs fürchtete und die Herausbildung einer in sich abgeschlossenen Bürgerstadt um jeden Preis zu verhindern suchte. Die Bürger wiederum wollten ihr Rathaus, wenn dessen Bau schon nicht innerhalb der Stadtmauern möglich bzw. gewünscht war, in gehöriger Entfernung zum „bischofsnahen“ Sand errichten – die Folge war ein steingewordene Kompromiss: Quasi auf „neutralem“ Boden, außerhalb der Mauern der Inselstadt, aber auch in größtmöglicher Distanz zum Bischof wurde das Rathaus mitten in die Regnitz gebaut, zugleich als Klammer zwischen den beiden bürgerlichen Stadtteilen Sand und Insel, welche sich dergestalt ein deutlich sichtbares gemeinsames Verwaltungszentrum schufen.
Erstmals bezeugt ist das Alte Rathaus an dieser Stelle im Jahre 1386. Torturm und Obere Brücke wurden jedoch zwischen 1452 und 1456 erneuert, wovon heute noch das das gotische Kreuzrippengewölbe in der Tordurchfahrt zeugt. Wenig später, 1461 bis 1467, wurde dann ein weitgehend neues Rathaus errichtet, ein alles in allem recht bescheidener Fachwerkbau, von dem sich noch das malerische Rottmeisterhäuschen erhalten hat. In diesem, an den Torturm gleichsam angeklebt erscheinenden Bauteil war einst die Rotte der Stadtwache untergebracht, ein Hinweis auf die durchaus auch wehrhafte Funktion des Gebäudes. Sein endgültiges Aussehen erhielt das Rathaus jedoch erst im 18. Jahrhundert.
Zwischen 1744 und 1756 erfolgte ein grundlegender Umbau, der sich vor allem in der Aufstockung und Umgestaltung des Torturmes durch Martin Mayer sowie in der herrlichen Fassadenmalerei Johann Anwanders an den Längsseiten des Rathauses niederschlug.
So präsentiert sich das Alte Rathaus heute als ein über Jahrhunderte gewachsener Gebäudekomplex, der das einstmals angespannte Verhältnis zwischen Bürgern und Bischof deutlicher als jeder andere Bau dokumentiert. Als Rathaus freilich dient es schon lange nicht mehr – heute beherbergt es vielmehr die äußerst sehenswerte Sammlung Ludwig von Fayencen und Porzellan.
Text: Robert Schäfer
Zur Sammlung Ludwig und den Öffnungszeiten:
https://www.bamberg.info/poi/sammlung_ludwig_im_alten_ratha-4673/
Quelle:
Flussparadies Franken e. V.
Organisation:
Flussparadies Franken e. V.
Zuletzt geändert am 25.10.2021
ID: p_100077011