Die Tassilolinde von Wessobrunn
Wohl keine Linde in Bayern ist berühmter als sie, die Tassilolinde von Wessobrunn. Noch heute kommen die bayerischen Gemüter in Wallung, wenn dieser Baum kränkelt oder von den Unbilden der Natur wie Blitzschlag, Sturm oder Hagelschaden in Mitleidenschaft gezogen wird. Für die einen ein Symbol des Naturschutzes, der ewigen Lebenskraft und des unermüdlichen Wideraufbäumens der „Lindenfamilie“, ist sie bei anderen gleichsam ein Sinnbild für älteste heimatgeschichtliche Wurzelfindung und Identität des „unbeugsamen, bayrischen Volksstammes“. Wen wundert es, steht sie doch in direkter Beziehung mit dem unglücklichen Herzog Tassilo III. und somit im übertragenen Sinne für ein urbayerisches Streben nach Eigenständigkeit.
Auf einer Wildschweinjagd war es Mitte des 8. Jahrhunderts. Hoch zu Ross ging es munter über Stock und Stein. Gegen Abend schlug Herzog Tassilo zusammen mit seinen beiden Begleitern Wezzo und Tharingari unter dem schützenden Blätterdach eines mächtigen Lindenbaumes das Nachtlager auf. Tharingari übernahm die erste Wache, während Herzog Tassilo und Wezzo sich niederlegten. Erschöpft und müde fielen beide alsbald in einen tiefen Schlaf. Da hatte Tassilo einen sonderbaren Traum. Darin erblickte er drei sprudelnde Quellen, die an einem Punkt kreuzförmig zusammenflossen. Von dort aus reichte eine Treppe bis an die Himmelspforte, worauf Engel auf und ab schwebend aus der Quelle schöpften und ganz oben stand der hl. Petrus.
Am folgenden Morgen berichtete Tassilo seinen beiden Freunden und Begleitern den Traum. Einhellig erklärten sie, dass es sich dabei um eine Weisung Gottes handeln müsse und so suchten sie gemeinsam nach der Quelle. Es dauerte nicht lange und Wezzo wurde fündig. Daraufhin ließ Herzog Tassilo 753 ein Benediktinerkloster zu Ehren des Apostel Petrus errichten und benannte es nach dem Entdecker der Quelle ´Monasterium Wezzofontanum`, das heutige Wessobrunn.